Über das Alter

Letztens stieß ich auf einen Artikel im Magazin Der Spiegel. Überschrieben war er mit: „Plötzlich zu alt? Übergangen, gemobbt, abserviert: Wie Ältere diskriminiert werden.“

Besonders hängengeblieben sind bei mir die folgenden Passagen: Einmal, wurde von dem, an Parkinson erkrankten pensio­nier­ten Arzt Carlos San Juan berichtet. Er hatte in Madrid die Kampagne: „Ich bin älter, aber kein Idiot,“ mit dem Ziel gestartet, dass Banken wieder mehr persönlichen Service, vor allem für ältere oder kranke Menschen, anbieten.

Nachdenklich gemacht hat mich auch die Aussage der Soziologin Miranda Leontowitsch ange­sichts des allgegenwärtigen Jugend­ideals: „Ein Fortschritt wäre es schon, mehr über Endlichkeit zu sprechen.“ Und amüsiert hat mich Britt Kanja, 72, Best-Ager-Model, die bewusst die Forderung ignoriert, eine Rentnerin habe still und unscheinbar zu leben.

Was Altern bedeuten kann, davon spricht auch schon die Bibel. Das Altern wird keines­wegs beschönigt. Der Prediger Salomo zählt schonungslos und bilderreich die Alterserschei­nungen auf: „»Denk an deinen Schöpfer, solange du noch jung bist, ehe die schlechten Tage kommen und die Jahre, die dir nicht gefallen werden. Dann verdunkeln sich dir Sonne, Mond und Sterne und nach jedem Regen kommen wieder neue Wolken. Dann werden deine Arme, die dich beschützt haben, zittern und deine Beine, die dich getragen haben, werden schwach. Die Zähne fallen dir aus, einer nach dem anderen; deine Augen werden trüb und deine Ohren taub. Deine Stimme wird dünn und zittrig. Das Steigen fällt dir schwer, und bei jedem Schritt bist du in Gefahr zu stürzen. Draußen blüht der Mandelbaum, die Heuschrecke frisst sich voll und die Kaperfrucht bricht auf; aber dich trägt man zu deiner letzten Wohnung. Auf der Straße stimmen sie die Totenklage für dich an.« (Prediger 12,1-7)

Was der Prediger Salomo da vor Tausenden von Jahren beschreibt, ist bis heute zum Fürchten. Viele empfinden das letzte Lebensalter als Bedrohung und haben Angst davor. Angst vor Kontrollverlust, Passivität und vor allem Ausgrenzung.

Wie ist das bei Ihnen? Kennen Sie diese Ängste? Haben Sie selbst schon Altersdiskrimi­nierung erlitten oder sich dabei ertappt, ältere Menschen herabzuwürdigen?

Für mich gilt: Menschen sind heilig. Längst nicht alle Menschen sind gut; aber heilig bleiben sie, wie es die Bibel als Worte Gottes beschreibt (3. Mose 19,2): „Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig, der HERR, euer Gott“. Wir können über das Tun und Lassen eines Menschen reden, auch urteilen – aber weder seine oder ihre Körperlichkeit noch sein oder ihr Alter dürfen dabei eine Rolle spielen.

Text von Pastorin Susanne Nießner-Brose, EMK-Vegesack